Wiener Nachtpfauenauge (Saturnia pyri)

Freigelassene Falter

Beschreibung

Das Wiener Nachpfauenauge ist der größte Schmetterling Mitteleuropas. Die Flügelspannweite des Falters beträgt 105-160 mm. Die Flügelfärbung des Falters verläuft von dunkelbraun am Außenrand bis weißgrau am Vorderrand. Auf den Vorder- und Hinterflügel befindet sich jeweils ein Augenfleck mit schwarzem Zentrum. Rot und beige gefärbte, gewellte Linien befinden sich auf Vorder- und Hinterflügel. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nicht in der Färbung. Eindeutiges Unterscheidungsmerkmal sind die stärker gekämmten Fühler der Männchen. Bei den Weibchen sind diese nur schwach gezähnt.

Frisch geschlüpfte Raupen, die sogenannten L1-Raupen (Larvenstadium 1) sind 5-6 mm lang, schwarz mit 4 Reihen hellbraun/orangeroter, Borsten tragender, Punktwarzen. Ab dem dritten Larvenstadium (L3) färben sich die Raupen grün und die Punktwarzen sind gelb. Im vierten Stadium bleibt der Raupenkörper satt grün doch die Punktwarzen sind Magenta. Im letzten Larvenstadium sind die Raupen bis zu 120 mm lang, leuchtend hellgrün und tragen himmelblaue Punktwarzen. Kurz vor der Verpuppung verfärben sich die Raupen gelbbraun. Der Seidenkokon, den sich die Raupe über Stunden spinnt, ist erst weiß und verfärbt sich alsbald bräunlich. Die Kokons werden meist direkt am Samtfuß des Fraßbaums angelegt.

Ältere Larvenstadien besitzen zusätzlich zu den Borsten lange, flüssigkeitsgefüllte Stacheln.

Ab dem dritten Larvenstadium beginnen die Raupen an den Ästen entlang neue Fressplätze aufzusuchen. Ältere Raupen sind in der Lage mit ihren Mandibeln Geräusche zu produzieren, die Feinde und lästige, arteigene Fresskonkurrenten vertreiben. Dieses Verhalten wird „akustischer Aposematismus“ genannt und ist im Falle von S. pyri gegen Vögel und Fledermäuse wirkungsvoll.

Der Kokon besitzt eine Öffnung (Reuse), über diese verlässt der Falter den Kokon. Die Puppenphase dauert zwischen ein und drei Jahren.

Weibchen des Wiener Nachtpfauenauges (Saturnia pyri)

 

Raupen in den verschiedenen Entwicklungsstadien (L2-L5) und der Seidenkokon des Wiener Nachtpfauenauges (Saturnia pyri). Kurz vor der Verpuppung verfärbt sich die Raupe gelb- bis bräunlich.

Verbreitung
Die Art kommt in Südeuropa sowie in Nordafrika vor. Östlich reicht die Verbreitung über Kleinasien bis in den Iran. In Niederösterreich erreicht die Art ihre Nordgrenze der Verbreitung.
Das Wiener Nachtpfauenauge ist seit 30 Jahren in der Steiermark nahezu flächig verschwunden. Es verblieb nur eine beständige Restpopulation – gestützt durch anhaltende Nachzucht im Naturpark Pöllau. Mit mehrjährigen Abständen wurden einzelne Exemplare im Bereich Riegersburg sowie Spielfeld nachgewiesen.

 

Veraltete Fundpunktkarte von Saturnia pyri mit Meldungen vor 1950 (offene Kreise) und bis 1985 (gefüllte Punkte) (Zobodat, Linz).

Bestandssituation in Österreich
Vor Jahrzehnten war das Wiener Nachtpfauenauge in sechs österreichischen Bundesländern beheimatet. Inzwischen ist die Art lediglich in Wien, in Niederösterreich und im Burgenland anzutreffen. In der Steiermark und in Kärnten ist sie selten, in Oberösterreich verschollen.
In der Ost- und Weststeiermark werden Nachzuchten und Freilassungen als Populationsstärkende Maßnahme durchgeführt. In den letzten Jahren (seit 2016) gab es wiederkehrende Meldungen aus der Südost- und Südsteiermark.

Biologie und Ökologie
Als Habitat werden warme Hänge in Baum- und Waldreichen Landschaften bevorzugt. Waldränder, Parkanlagen, Streuobstwiesen, Gärten, Alleen und Friedhöfe werden gerne besiedelt.
Die Falter fliegen von April bis Juni. Ihre Flugzeit dauert lediglich zwei Wochen, in dieser Zeit nehmen sie keine Nahrung zu sich. Ihre Aufgaben beschränken sich auf die Fortpflanzung. Die bis zu 200 Eier werden an verschiedenen Bäumen wie Kirsche, Apfel, Zwetschge, Esche, Rotbuche, Bergahorn, Haselnuss und weiteren Baumarten an den Blattunterseiten abgelegt.
Die Verpuppung erfolgt meist im unteren Stammbereich oder in Astgabeln der Nahrungspflanze in einem dichten, birnenförmigen Gespinst. Die Puppen überwintern zum Teil zweimal oder öfter. Vor allem in Jahren mit einem kalten Frühling.

Schutzstatus
In der Roten Liste Österreichs ist das Wiener Nachtpfauenauge in der Kategorie EN (endangered- stark gefährdet) eingestuft. In der Steiermark ist es vom Aussterben bedroht (CR – critically endangered).


Gefährdung und Bestandsentwicklung
In den letzten Jahrzehnten wurde eine rückläufige Bestandsentwicklung insbesondere in den nördlichen Randgebieten der Verbreitung beobachtet.

Gefährdungsursachen
Die Beseitigung von Obstbäumen, der Einsatz von Pestiziden sowie die Überhandnahme künstlicher Lichtquellen gehören zu den Hauptgefährdungsursachen des Wiener Nachtpfauenauges. Auch Klimaänderungen werden als Ursache angenommen.

Artenhilfsmaßnahmen
Voraussetzung für das Leben des Wiener Nachtpfauenauges ist ein reicher Bestand an alten Laubbäumen.
Ein Krautsaum um den Stammfuß oder andere ungestörtere Bereiche wie z.B. Haufen aus kleinen Ästen und Zweigen schützen die Puppen des Wiener Nachtpfauenauges z.B. vor Vogelfraß.
Mit Nachzuchtprogrammen und der Ausbringung von Imagines und Raupen in geeigneten Habitaten, wird eine flächendeckende Wiederansiedlung forciert.
Nachzuchten in geschützten Umfeld z. B. in Aerarien oder Einbindsäcke reduzieren die Verluste durch Prädatoren (u. a. Vögel, räuberische Insekten) und parasitische Feinde. So sind Raupen und Puppen nahezu 100%ig vor einem Befall durch Raupenfliegen (Tachinidae), Schlupfwespen (Ichneumonidae) und Pteromalidae geschützt und die Nachwuchsrate in den Folgejahren ist entsprechend erhöht.

            

Einbindesack an Bergahorn                                                      Nachtpfauenauge auf Birne

 

         

L5-Raupe                                                                 Wespen räubern frisch verpuppte Raupe                              Geplünderte Konkons

 

Der Folder zum Download hier: Wiener Nachtpfauenauge

Das Nachzuchtprogramm des Naturschutzbund Steiermark

Seit vielen Jahren züchtete Herr Ing. Hilmar das Wiener Nachtpfauenauge und überlies dem Naturschutzbund jedes Jahr hunderte Raupen. Seit 2018 hat der Naturschutzbund Stmk. die Zucht übernommen – Herr Hilmar züchtet aber auch noch weiter.

Seit 2020 änderte sich auch die Strategie. Es wurden nicht nur die L1-Raupen in geeignete Habitate ausgebracht – dies führte in den letzten Jahren scheinbar zu keinem messbaren Erfolg. Die Raupen wurden nun länger versorgt und erst ab L3-Stadium und älter ausgebracht. Zudem wurden auch befruchtete Weibchen in geeigneten Gebieten freigelassen – diese sollen selbst den optimalen Platz für ihren Nachwuchs wählen dürfen.

2024 wurde mit 2060 Eiern gezüchtet

                                                             Zuchtanlage

Parallel erfolgten Fütterungsversuche mit den Raupen. Dabei sollte herausgefunden werden, ob es in der Larvenentwicklung Unterschiede gibt, abhängig davon mit welcher Futterpflanze die Raupen gefüttert wurden. Dafür wurden die Raupen u.a. im Rahmen von 2 Bachelorarbeiten regelmäßig vermessen und gewogen. Zudem wurde der Zeitpunkt der Verpuppung und des Schlupfs im folgenden Jahr festgehalten und z. T. auch die Falter vermessen.

Die vorläufigen Ergebnisse zeigen z. T. signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen der verschiedenen Futterpflanzen. Das Endergebnis liegt allerdings noch nicht vor.

   Vermessung    Gewichtsmessung

    Vermessung Flügelspannweite                                                                                         Gewichtsmessung

Kontakt: frank.weihmann@naturschutzbundsteiermark.at

Fotos © Frank Weihmann

Literatur

Gepp J (2001): Österreichs Insekt des Jahres-ein Weg entomologischer Public Relations. Entomologica Austriaca 2: 2-6.

Bura L, Fleming AJ & Yack JE (2009): What’s the buzz- Ultrasonic and sonic warning signals in caterpillars of the great peacock moth (Saturnia pyri). Naturwissenschaften 96(6): 713-718.

Hausl-Hofstätter U & Stockinger U (2013): Naturschutz in der Steiermark. Geschützte Tiere. Land Steiermark.

Höttinger H (2000): Insekt des Jahres 2000: Steckbrief Großes oder Wiener Nachtpfauenauge (Saturnia pyri Denis & Schiffermüller, 1775) (Lepidoptera: Saturniidae). Beiträge zur Entomofaunistik 1: 87-88.

Mai 2024

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